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Kapitel 1

Engel prügelten sich nicht. Und dennoch traf mich ein Kinnhaken mit einer solchen Wucht, dass sich zwei meiner Backenzähne lösten. Ich wurde gegen mein Regal geschleudert, und ein Marmeladenglas, gleichmäßig befüllt mit Scotch und Zigarettenstummeln, zerbrach krachend am Holzboden. Verdammt, ich würde mich um einen neuen Aschenbecher kümmern müssen.

«Du verdammtes Schwein!»

Maloneys Stimme bebte. Seine Stirn glänzte so feucht, wie die Michigan Avenue nach einem Regenguss. Er atmete schwer, aber ich fürchtete, dass das mehr mit seiner Wut als seiner Erschöpfung zu tun hatte. Obwohl ich ihm schon paar heftige Schläge verpasst hatte, wankte er nicht einmal. Es wäre wahrscheinlich das Klügste, ich würde mich am Boden zusammenrollen und ihm meine Kehle darbieten. Wie ein Straßenköter, der ohnehin keine Chance hatte.

Aber meistens richtete ich mich nicht danach, was das Klügste wäre. Also stürzte ich mich auf Maloney, boxte ihm in den Bauch und rammte mein Knie in seine Weichteile. Das war zwar nicht die feine englische Art, aber ich war auch meilenweit davon entfernt, ein Gentleman zu sein. Oder eine Lady. Lag wohl daran, dass ich überhaupt kein Mensch war.

Maloney stöhnte auf und krümmte sich. Leider ging er dabei nicht zu Boden, wie ich es gehofft hatte. Er war um einiges größer als ich, und ich hätte ihm heftigeren Schaden zufügen können, wenn sein Kopf etwas weiter unten gewesen wäre. Ich wollte ihm gerade noch gegen ein Knie treten, als er mich am Hemdkragen packte und mit solcher Wucht auf den Boden pfefferte, dass meine Möbel erzitterten. Hätte nicht gedacht, dass der Mistkerl so schnell reagieren konnte.

Ich drehte mich auf den Bauch, um mich aufzurappeln. Eine Sekunde später blieb mir die Luft weg, als er sich auf meinen Rücken hockte und meinen Kopf gegen die Holzplanken knallte. Ein-, zwei-, dreimal. Ein ekelhaftes Knirschen fuhr durch meinen Kopf, als meine Nase brach. Und ich hatte gerade erst das Blut meines Vorgängers aus dem Boden gewaschen bekommen.

Es fiel mir deutlich leichter zu atmen, als er sich schließlich von mir erhob. Diese aufdringliche – und zugegebenermaßen etwas dämliche – Stimme in meinem Hinterkopf wollte mich dazu bringen, aufzustehen und mich in eine neue Runde mit ihm zu werfen. Glücklicherweise hämmerten die Schmerzen in meinem Kopf zu heftig, als dass ich dem hätte Folge leisten können.

Maloney stopfte seine fetten Finger in meinen Hosentaschen und riss dabei fast den Stoff aus den Nähten.

«Wo ist mein Geld, Quin?»

Er hob meinen Kopf an den Haaren hoch, weil er mein Gemurmel nicht verstand. Das gab mir die Gelegenheit, ihm etwas deutlicher «Leck mich» zu sagen und ihm eine Mischung aus Speichel und Blut auf die Nase zu spucken. Er knallte mein Gesicht erneut auf den Boden, aber diesmal mit weniger Elan. Ich nehme an, er verlor langsam das Interesse an mir.

Seine Schritte entfernten sich, und ich hörte, wie er die Schubladen meines Schreibtisches aufzog. Er hatte vielleicht das Recht, wütend auf mich zu sein und mich zu verprügeln. Aber dass er meine Sachen durchwühlte, ging zu weit. Die Wut darüber durchflutete meine Adern wie ein Tsunami und gab mir Kraft. Ich blendete den pochenden Schmerz aus, schob zuerst eine Hand, dann die andere unter mich und drückte mich stöhnend nach oben. Meine Knie waren etwas weich, aber ich hielt die Fäuste hoch, bereit auf Maloney loszugehen.

«Er is weg», dröhnte eine tiefe Stimme von links.

Ich blinzelte in den leeren Raum, immer noch die geballten Hände in die Höhe gereckt, unfähig diese Information zu verarbeiten. Maloney war doch noch vor einer Sekunde an meinem Schreibtisch gewesen …

«Er ist vor zwei Minuten gegangen. Mit dem Geld. Und deinen Zigaretten.» Zwei rasselnde Atemzüge lang herrschte Stille, ehe die Stimme sachlich hinzufügte: «Marandjosef. Es ist unpackbar, wie schlecht du in deinem Job bist.»

"Engel unter Mordverdacht" ist für den SERAPH 2024 nominiert!

Die Phantastische Akademie hat meinen Urban Fantasy Krimi „Engel unter Mordverdacht“ als eines von 9 Büchern in der Kategorie „Bester Indie-Titel“ nominiert.

Meinungen zu "Engel unter Mordverdacht"

„Genau diese spielerische Vielfalt macht Spaß, hat mich gut unterhalten und macht Lust auf mehr davon.“
4/5
"C. N. Stance gelingt der Spagat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit."
5/5
„Ein Buch voller Humor, Witz und Spannung.“
5/5
""Engel unter Mordverdacht" ist ein Lesevergnügen, das Spannung, Humor und übernatürliche Elemente geschickt miteinander verknüpft."
5/5

"Engel unter Mordverdacht" ist auf der Shortlist des Tolino Media Newcomerpreises!

Button Tolino Media Newcomerpreis Shortlist 2023

Die Jury sagt dazu:

Ein Engel im Chicago der 1930er, ein dämonisches Meerschweinchen und ein Mord – Crime Noir Fantasy vom Feinsten! Ein Buch wie ein guter Film.“

»Heast, du Oaschloch!«

Die Stimme war so tief, dass sie in meinen Knochen vibrierte. Ich fühlte mich noch nicht in der Lage, die Augen zu öffnen. Offensichtlich war ich geistig nicht ausreichend auf der Höhe gewesen, um mich für die Zeitreise richtig zu konzentrieren. Ich war, Arsch voran, aus mindestens zwei Metern Höhe auf den Boden aufgeprallt. Das würde einen saftigen, blauen Fleck geben.

»Schleich di, Herrschaftszeiten!«

Der Bass klang nun bedrohlicher. Und näher. Ich kroch blind in die entgegengesetzte Richtung und schüttelte meinen Kopf, um klarer zu werden. Wie so ein alter Köter, der gerade aus dem Wasser kam.

»Jessas. Immer diese B’soffenen!«

»Ich bin nicht besoffen!«, krächzte ich.

Als ob sich mein Körper gegen diese Beteuerung verschwören wollte, gaben meine Arme nach, und ich knallte auf die Seite – in eine Pfütze, die nach abgestandenem Bier und Tabak stank. Ich blinzelte in die Sonne und schluckte das fast Erbrochene wieder hinunter.

»Du … du Wappler kannst mich hören?«

Die Fassungslosigkeit in der Stimme ließ mich aufhorchen, und ich sah mich um. Ich war auf einer engen trostlosen Straße gelandet, die mir vage bekannt vorkam. Von den Häusern war nur die Rückseite zu sehen. Neben einem zerdrückten Karton hockte ein kleines Tier. Gedrungen, haarig, interessante Färbung.

Sonst war es hier menschenleer.

»Natürlich kann ich dich hören. Bist … bist du unsichtbar?«

Probeweise fuhr ich mit einem Arm durch die Luft vor mir, doch ich spürte keinen Widerstand.

»Marandjosef. Dir hat wer ins Hirn g’schissen.« Das kleine, haarige Ding fuhr sich mit der Zunge über große Schneidezähne und trippelte auf den Karton. »Und wer baut ma jetzt mein Bett wieder z’samm?«

Ich kniff die Augen zusammen und setzte mich wackelig auf. Meine Schläfen und der Teil dazwischen fühlten sich an, als ob ein Pfeil drinsteckte. Dafür hatte sich mein Würgreiz etwas beruhigt. Ein gutes Zeichen.

»Du bist aber eine eigenartige Ratte.«

Das Vieh fletschte die Zähne, und seine schwarzen Knopfaugen verfärbten sich rötlich.

»Ich bin keine Ratte, du …«

Etwas Großes, Dunkles sprang über meine Schulter und landete dort, wo vor einer Sekunde noch die Nicht-Ratte gestanden hatte. Mächtige Krallen schabten über den Karton, als es zum nächsten Sprung ansetzte. Ein Hund. Ein verfilzter, wütender Straßenköter.

Kapitel 3

Kurze Lesung aus „Engel unter Mordverdacht“